Auch Rhöner Handwerker können Komplimente
In der Rhön gilt das Sprichwort: „Net geschimpft is gelobt genug.“ Deshalb sind Komplimente in dieser Gegend eher Mangelware. Die Rhöner Urgesteine drücken ihr höchstes Lob mit einem „Den konnste gebruch“ oder einem „Der is in de Reih“ aus. Doch die meisten unserer Azubis beherrschen den Dialekt nicht sicher und merken gar nicht, dass sie gerade ein Kompliment bekommen. Als Unternehmer aus der Rhön muss ich da manchmal übersetzen und meine Mitarbeiter gezielt für ihre gute Arbeit loben – nur so macht ihnen die Arbeit langfristig Spaß. Bei mir selbst gibt es da noch deutlich Luft nach oben.
Gute Arbeit ist keine Selbstverständlichkeit
Was für mich als erfahrener Handwerker vielleicht selbstverständlich ist, das entwickelt sich für einen Quereinsteiger oder Auszubildenden zu einer größeren Herausforderung. Deshalb darf ich nicht nur die Mitarbeiter loben, die in meinen Augen etwas Außergewöhnliches vollbracht haben, sondern muss mich auch für die alltäglichen Leistungen bedanken. Denn ohne die läuft es eben nicht. Da reicht schon ein „Hey, das hast du gut hingekriegt“, damit sich ein neuer Mitarbeiter im Team von HAHNER Technik wohlfühlt. Ich bedanke mich auch bei meinen Mitarbeitern für die Tatsache, dass bisher kaum einer von ihnen wegen Corona in Quarantäne sitzt. So etwas passiert nicht von allein, sondern weil sich alle Mitarbeiter ihrer Verantwortung bewusst sind und in ihrem Alltag darauf achten, dass sie sich möglichst nicht anstecken. Das ist eine Teamleistung und keinesfalls selbstverständlich, deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal Danke sagen!
Anbrüllen gibt’s bei uns nicht
Lob und Komplimente sind für mich in erster Linie eine Form der Wertschätzung für die Arbeit und Leistung meines Gegenübers. Dazu zählt auch der Umgangston bei der täglichen Zusammenarbeit im Betrieb oder auf der Baustelle. Rumschreien und andere Mitarbeiter zur Sau machen, das gibt es bei uns nicht. Und das erwarte ich auch von meinen Mitarbeitern in Führungspositionen, vor allem von denjenigen, die mit Azubis zu tun haben. Wenn wir unsere Auszubildenden nicht mit dem nötigen Respekt und der verdienten Wertschätzung behandeln, dann hören sie uns schon bald nicht mehr zu und wir können ihnen nichts mehr beibringen. Und dann können wir uns die ganze Ausbildung auch sparen. Wir werden nur mal laut, wenn wir die Maschinen neben uns übertönen müssen – aber das hat nichts mit der Leistung an sich zu tun. Außerdem gehört zur Wertschätzung auch konstruktives Feedback mit einer ausführlichen Erklärung, warum ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin. Ein „Hey, das ist nicht gut, mach’s nochmal“ ist viel zu wenig. Da weiß weder der Mitarbeiter was er eigentlich machen soll, noch schätze ich seine Arbeit. Ich will nicht als Nörgler wahrgenommen werden, sondern meine Kritik auch ordentlich begründen können, damit mein Gegenüber sie versteht. Nur so wird daraus am Ende ein gutes Ergebnis.
„Ich glaube mich hat hier in den letzten dreißig Jahren noch niemand brüllen gehört.“
Nicht jedes Lob braucht einen Anlass
Natürlich müssen hier auch alle Mitarbeiter mit anpacken, sonst kann ich niemanden für seine Arbeit loben. Doch am Ende des Tages bleiben oftmals die Probleme, Schwierigkeiten und Fehler im Gedächtnis hängen. Wie lässt sich ein bestimmtes Problem lösen? Hätten wir diesen und jenen Fehler vielleicht vermeiden können? Dadurch rücken in meinem Kopf die Dinge in den Hintergrund, die an dem Tag wirklich gut gelaufen sind. Ich nehme sie dann einfach als selbstverständlich hin. Bestimmte Anlässe wie der „Tag der Komplimente“ erinnern mich daran, meine Mitarbeiter regelmäßig für ihr Engagement und ihre Leistung zu loben, auch wenn es dafür gerade keinen konkreten Grund gibt. Einfach so, weil es stimmt. Natürlich bin ich auch für jedes Lob zu meiner Arbeit dankbar, zumindest wenn es ehrlich gemeint ist. Sei es von Kunden, die mit unserer Arbeit als Team zufrieden sind, oder von neuen Mitarbeitern, die von unserer Arbeitsweise bei HAHNER Technik beeindruckt sind. „Das macht ihr alles selbst, das habe ich ja noch nie erlebt“, höre ich dann schon mal beim Betriebsrundgang am ersten Arbeitstag und bin dabei stolz auf unsere gemeinsame Arbeit.
Gegenseitiger Austausch schafft Vertrauen
Besonders viel positive Rückmeldung habe ich schon zu den Ausbildungssequenzen erhalten, die wir normalerweise abhalten, wenn nicht gerade Corona ist. Dafür treffe ich einmal pro Monat alle Azubis und neuen Mitarbeiter von HAHNER Technik, um ein bestimmtes Thema aus der Praxis vorzustellen. Das können Gitterroste, Schraubverbindungen, Tragwerke, Lackiersysteme oder Schweißtechniken sein. Es geht mir darum, dass auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen ein Gespür für die Arbeit in der Werkhalle bekommen. Und sie können ein Stück weit von meiner über dreißig Jahre lang gesammelten Erfahrung profitieren. Danach werde ich von neuen Mitarbeitern auch anders wahrgenommen, weil ich weiß, wovon ich rede. Ich glaube, dass es darauf ankommt, über theoretisches Wissen zu verfügen und dieses Wissen weiterzugeben und in die gelebte Praxis umzusetzen. Sonst bleibt alles nur Kopfkino.
„Ich versuche Mitarbeiter Stück für Stück an meinem Wissen und meiner Erfahrung teilhaben zu lassen.“
Schuldzuweisungen bringen nichts
Es kommt auch mal vor, dass ein Kunde nicht zufrieden ist mit unserer Arbeit. Und dann hat sich auch schon mal jemand im Ton vergriffen und einen meiner Mitarbeiter rund gemacht. Da schalte ich mich als Chef ein und nehme meine Mitarbeiter in Schutz, denn ich bin mir sicher, dass sie ihr Bestes in der Situation gegeben haben. Wenn tatsächlich ein Fehler passiert ist oder ein neues Problem auftaucht, dann liegt das meistens an fehlenden Informationen oder Fachkenntnissen. Aber sie haben mit ihren Fähigkeiten die bestmögliche Leistung in dieser Situation erbracht, deshalb ist eine Schuldzuweisung völlig fehl am Platz. Das sage ich meinem Gegenüber dann auch ganz deutlich: „Wenn Sie mit dem nicht klarkommen, dann kommen Sie mit mir auch nicht klar.“
Ehrlichkeit für ein gutes Arbeitsklima
Für ein gutes Arbeitsklima ist ehrliche Kritik, aber auch ein ehrliches Kompliment notwendig. Somit kann sich hier jeder Mitarbeiter sicher sein, dass er ernst genommen und von seinen Kollegen respektiert wird. Das versuche ich als Chef meinen Mitarbeitern zumindest jeden Tag vorzuleben. Und falls doch mal Verständigungsprobleme zwischen den Generationen auftreten, dann stehe ich auch gern als Übersetzer zur Verfügung:
Spruch aus der Rhön: | Das ist gemeint: | Was es bedeutet: |
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„Der is in de Reih.“ | „Der ist in der Reihe.“ | „Der ist in Ordnung, der hat meine Anerkennung.“ |
„Den konnste gebruch.“ | „Den kann man gut gebrauchen.“ | „Der hat das Herz auf dem rechten Fleck und wird dich nicht enttäuschen.“ |
„Der konnste mir moie widder mitgega.“ | „Den kannst du mir morgen wieder mitgeben [auf die Baustelle].“ | „Ich bin mit seiner Arbeit zufrieden. Mit dem möchte ich gerne weiter zusammenarbeiten. “ |