Behalten Sie die Erdbeeren im Blick!
Ja, tatsächlich bin ich in meiner Freizeit auch gern mal im Garten zugange – zumindest, wenn ich die Zeit dafür finde. Im Sommer gibt es in unserem Garten immer etwas zu tun, was ich eigentlich auch gern mache. Dabei kann ich abschalten, meine Gedanken schweifen lassen und nebenbei Unkraut rupfen oder die Erdbeeren gießen. Doch letztens hatte ich ein Aha-Erlebnis, allerdings im negativen Sinn. Seitdem habe ich großen Respekt vor Gartenarbeiten und bin mit dem Kopf wieder mehr bei der Sache. Es war mal wieder dringend Zeit zum Rasenmähen. Das Gras stand schon so hoch, dass der Rasenmäher ständig stecken blieb. Dann muss ich den Rasenmäher ausschalten, leicht zur Seite kippen und das Messer unten vom Gras befreien, damit es sich wieder drehen kann. Nun war ich beim letzten Rasenmähen so in Gedanken versunken, dass ich mein Knie unter den Hebel klemmte, damit der Rasenmäher gar nicht erst ausgeht. Völlig routiniert kippte ich den Rasenmäher zur Seite und wollte gerade ins Messer greifen, da hat sich zum Glück mein Kopf wieder eingeschaltet und mir wurde schlagartig bewusst, was ich hier eigentlich gerade mache.
Wie kann so etwas nur passieren?
Ich habe sofort den Rasenmäher losgelassen und seitdem nie wieder angefasst. Ich war komplett durchgeschwitzt und mein Körper in Alarmbereitschaft. Beinahe hätte ich meine Hand in einen laufenden Rasenmäher gesteckt. Als Maschinenbauingenieur kann ich mir sehr detailliert die Folgen meines Handelns vorstellen. Wenn mir das jemand anders erzählt hätte, würde ich demjenigen sagen: ‚Das ist vorsätzliche Selbstverstümmelung, was du da machst.‘ Aber ich war in dem Moment einfach überhaupt nicht bei der Sache – und dafür ist Rasenmähen einfach zu gefährlich. Seitdem überlasse ich das Rasenmähen einer professionellen Firma und widme mich lieber anderen Gartenarbeiten, wenn ich meinen Kopf ausschalten will. Zum Beispiel dem Unkrautjäten in unseren Hochbeeten. Ich habe landwirtschaftliche Wurzeln und bin sehr gern im Garten aktiv, das hat für mich etwas Meditatives. Und beim Unkrautjäten kann auch nicht so viel passieren.
Ich sehe die Erdbeeren vor lauter Unkraut nicht
Also war ich letztens wieder im Garten tätig, nachdem es einige Tage lang geregnet hatte. In unseren Hochbeeten wucherte das Unkraut und ärgerte mich wirklich darüber. Also stürmte ich raus und begann das Unkraut aus den Hochbeeten zu rupfen, als ich mal wieder ein bisschen Zeit hatte. Gefühlt bestanden die Hochbeete nur noch aus Unkraut. Als ich etwa drei Viertel der Fläche geschafft hatte, kam meine Frau mit einer Schale heraus und begann neben mir die Erdbeeren zu pflücken. Und erst da bemerkte ich die roten Früchte, die schon die ganze Zeit direkt vor meinen Augen waren. Doch ich hatte sie vor lauter Unkraut gar nicht wahrgenommen. Wenn mich Christina danach gefragt hätte, ob denn die Erdbeeren schon reif sind, hätte ich ihr keine Antwort darauf geben können. Auch dieses Erlebnis war wieder so ein Aha-Moment für mich, dieses Mal aber im positiven Sinn. Denn ich habe gemerkt, dass ich mich viel zu sehr auf das Unkraut fokussiert habe und dabei die Erdbeeren aus meinem Blickfeld verschwanden. Das lässt sich auch auf den Arbeitsalltag übertragen. Oft sehen wir nur die Probleme und Fehler und vergessen dabei die ganzen positiven Dinge, die wir schon geschafft haben und die funktionieren. Wenn jemand fünf Aufgaben bekommt und vier davon richtig abschließt, reden danach trotzdem alle nur über die eine Aufgabe, in der er einen Fehler gemacht hat. Mit dem Sinnbild der Erdbeeren möchte ich mich im Alltag wieder stärker auf die positiven Dinge fokussieren. In unserer Familie sind die Erdbeeren schon zum geflügelten Wort geworden und wir achten jetzt mehr auf die Erdbeeren in unserem Umfeld, nicht nur auf das Unkraut.
„Deswegen ist es wichtig, dass man in seinem Wahn mal kurz innehält, einen Schritt zurückgeht und die Situation aus sicherer Entfernung neu betrachtet.“
Welche Pflanze darf bleiben, welche muss gehen?
Neulich war ich wieder im Garten, wieder zum Unkrautjäten. Dieses Mal an einem anderen Hochbeet, denn die Erdbeeren sind inzwischen umgezogen. In dem Hochbeet sind vorher andere Pflanzen gewachsen, sodass das Unkraut kein typisches Unkraut war, sondern eher eine bunte Mischung der vorherigen Hochbeet-Bewohner. Da habe ich beim Rupfen schon ab und zu innegehalten und mich gefragt: ‚Was ist das denn für eine Pflanze? Ist das Pfefferminze?‘ Diese Entdeckungstour hat natürlich schon irgendwo Spaß gemacht, hat meinen Prozess des Unkrautjätens aber deutlich verlangsamt. Auch hierbei ist mir eine Analogie zu unserem Betrieb aufgefallen. Ich muss vorher das Ziel klar abstecken, was ich in einem Hochbeet ernten will. Wenn ich Erdbeeren ernten will, dann fliegen alle anderen Pflanzen raus, egal wie schön und interessant sie aussehen. Sonst muss ich bei jeder Pflanze eine neue Entscheidung treffen, ob sie im Hochbeet bleiben darf oder nicht. Und das kostet unnötig Zeit. Somit ist jede Abteilung bei uns wie ein eigenes Hochbeet, das auf eine Pflanzenart spezialisiert ist. In dem einen Hochbeet wachsen Erdbeeren, im nächsten vielleicht Himbeeren, doch für andere Pflanzen ist hier kein Platz. Wenn das Ziel klar definiert ist, können auch die Mitarbeiter in den einzelnen Abteilungen selbstständiger arbeiten und Entscheidungen treffen. Sie müssen sich nur fragen: ‚Welche Option hilft uns dabei, unserem Ziel näher zu kommen?‘ Und nicht: ‚Welche Option gefällt wohl dem Chef am besten?‘ Denn mit einer klaren Zielvorgabe kann der Mitarbeiter seine Entscheidungen auch begründen. Dadurch müssen bei einer Entscheidung weniger Optionen beachtet werden, was den Prozess beschleunigt.
Eine eigene Blumenwiese für neue Ideen
Ein aktuelles Beispiel von HAHNER Technik: Ich möchte in den nächsten Jahren Stück für Stück aus der Position des verantwortlichen Gesellschafters herauswachsen. Da wäre es natürlich eine Fehlentscheidung, jetzt noch eine private Bürgschaft zu übernehmen. Wenn wir also auf der Suche nach Leasingverträgen sind, fliegen schon mal alle Anbieter raus, die ihr Angebot nur mit einer privaten Bürgschaft zur Verfügung stellen. Da kann das Angebot noch so verlockend sein, eine private Bürgschaft kommt für uns nicht mehr in Frage. Und schon haben sich die Optionen deutlich reduziert und die Entscheidung kann schneller und einfacher getroffen werden, da der Rahmen klar abgesteckt ist. Eine Gefahr dabei ist, dass man sich immer nur auf eine Sache fokussiert und neuen Ideen, die wie junge Pflanzen emporwachsen, gar keine Chance zum Wachsen einräumt. Aber wie schon gesagt: Im Erdbeer-Beet möchte ich nur Erdbeeren haben, dafür aber auch wirklich gute. Für neue Ideen und Prototypen gibt es dann ein extra Beet, eine Art Blumenwiese, auf der wir verschiedene Pflanzen säen, züchten und beobachten können. Wenn sich eine Pflanze daraus hervorhebt, dann pflanzen wir sie in ein eigenes Beet um, in dem sie wachsen und gedeihen kann. Genau dafür haben wir unsere Tochterfirma Alpaka gegründet. Als Spielwiese und Entwicklungsort für unsere ganzen Ideen, die in den Beeten von HAHNER Technik sonst keinen Platz finden. Daraus erhoffe ich mir in den nächsten Jahren viele weitere Beete, auf denen wir schon bald neue Produkte ernten können.
„Alles, was im Erdbeer-Beet rausguckt und nicht nach Erdbeeren aussieht, fliegt da raus. Das erleichtert das Unkrautjäten und hat bessere Erdbeeren zur Folge.“
Typisch pragmatisch, typisch Ingenieur
Die Analogien zwischen HAHNER Technik und meiner Gartenarbeit gefallen mir wirklich gut, da ich selbst aus dem Unkrautjäten noch Impulse für meine Arbeit mitnehme. Ich bin eben durch und durch Ingenieur – ein pragmatischer Problemlöser, der die Emotionen gern beiseite schiebt und sich nur auf die Fakten konzentriert. Dazu kenne ich einen Ingenieur-Witz, der unser Berufsbild ziemlich genau auf den Punkt bringt und bei dem ich mich wirklich ertappt fühle:
Ein Pfarrer, ein Arzt und ein Ingenieur treffen sich regelmäßig zum Golfen. Doch dieses Mal bildet sich eine Schlange vor Loch 23 und sie schicken ihren Caddy los, um den Grund dafür zu erfahren. Dieser kommt mit der Nachricht zurück, dass es im Vereinsheim gebrannt hat und beim Löschen einige Feuerwehrmänner erblindet sind, die nun den Golfplatz ihr Leben lang kostenlos nutzen dürfen.
- Da ergreift der Pfarrer als Erster das Wort: „Ach, das ist ja schlimm! Die armen Leute! Ich werde am Wochenende eine Messe für sie lesen, vielleicht hat der Herr ja Erbarmen für diese tapferen Feuerwehrleute.“
- Auch der Arzt spricht seine Anteilnahme aus: „Einer von meinen früheren Kommilitonen ist heute der beste Augenarzt in ganz Europa. Ich rufe ihn gleich mal an und versuche einen Termin in seiner Spezialklinik zu bekommen. Normalerweise gibt es da keine Termine mehr, aber für diese engagierten Helden macht er bestimmt eine Ausnahme.“
- Zum Schluss äußert sich auch der Ingenieur zu dem Problem: „Aber warum spielen die Männer denn nicht nachts auf dem Golfplatz?“
Ich stecke mit meinem Kopf oft in Gedanken, immer auf der Suche nach Lösungen und Verbesserungen. Das macht mich und meine Arbeit aus – und letztendlich auch die Arbeit von HAHNER Technik. Denn das ist unser Anspruch: immer eine Lösung zu finden. Umso wichtiger waren für mich die Erkenntnisse aus der Gartenarbeit, die ich aus den vergangenen Wochen mitgenommen habe. Sowohl die positiven Aha-Momente als auch die negativen Schreckmomente. Manchmal konnte ich es gar nicht glauben, dass mir als eingefleischter Ingenieur so etwas gerade passiert. Aber das zeigt mir, dass ich im Alltag öfter mal zurücktreten muss, dadurch Situationen anders wahrnehme und sich vielleicht neue Lösungen auftun, die ich vorher überhaupt nicht wahrgenommen habe. Ich muss auch mal bewusst die Erdbeeren wahrnehmen, um nicht überall nur Unkraut zu sehen.
Titelbild: © Adobe Stock/Claudia Paulussen