Warum ich mir dasselbe Motorrad 3x gekauft habe
Was viele Leute gar nicht von mir wissen: Ich bin früher viel Motorrad gefahren. In meiner Freizeit habe ich gern an Bikes rumgeschraubt, gebrauchte Motorräder gekauft, sie in meiner Werkstatt wieder flottgemacht, bin ein bisschen damit rumgefahren und habe sie anschließend wieder verkauft. Dadurch konnte ich mir teilweise mein Studium finanzieren. Mein erstes Motorrad war eine 500er Yamaha und sie wurde mitten im Winter zugelassen. Zu der Zeit war ich noch FOS-Praktikant und bin im tiefsten Schneetreiben den Berg runter zum Betrieb gefahren. Würde ich heutzutage gar nicht dran denken, aber damals ist zum Glück alles gut gegangen.
Yamaha XS 650 – Eisenschwein statt Rennbike
Nach dem ein oder anderen Motorrad habe ich in den 80er Jahren eine Yamaha XS 650 erworben. Das waren die ersten Motorräder von Yamaha mit einem Zweizylinder-Parallel-Twin Motor. Sie sah ein bisschen aus wie eine englische Triumph, war aber ein japanischer Nachbau. Und sie war kein vollverkleidetes Rennbike wie die Yamaha XJ 900, sondern im Gegensatz zu so einem Joghurtbecher ein richtig schweres Eisenschwein. Das Motorrad war auch gar nicht richtig ausgewuchtet und hat so stark vibriert, dass ich beim Stehen an der roten Ampel nicht das Kennzeichen meines Vordermanns lesen konnte. Das Vorderrad hatte eine Amplitude von ca. zwei Zentimetern, da habe ich noch richtig gespürt wie das Gerät arbeitet. Das ist kein Vergleich mehr zu heutigen Motorrädern.
„Die Yamaha hat alles abgeschüttelt, was nicht zu ihr gehörte: zum Beispiel Spiegel, Nummernschild und das Helmschloss.“
Zum zweiten Mal gekauft & aufgemöbelt
Trotz ihrer Macken habe ich die Yamaha XS 650 gekauft, wieder aufgemöbelt und bin mit ihr recht lange gefahren. Dann wollte ich doch ein besseres Bike und habe das Motorrad an einen Bekannten verkauft. Dieser hat es mit der Zeit abgerockt und es letztendlich wieder zum Verkauf angeboten. Da hat mich die Sehnsucht gepackt und ich habe ihm dasselbe Motorrad wieder abgekauft, bin damit in meine Werkstatt gefahren und habe es erneut flottgemacht. Auch nach dem zweiten Kauf hatte ich sehr großen Spaß mit dem Bike, es war ein bisschen wie heimkommen. Doch die Yamaha hat auch ihre Grenzen, so bin ich zum Beispiel nie mit ihr auf die Autobahn gefahren. Also sehnte ich mich nach einiger Zeit doch wieder nach einem schnelleren und komfortableren Bike für längere Touren. Kurzerhand verkaufte ich das Motorrad zum zweiten Mal und verlor es dann auch aus den Augen. Ich wollte diese klappernde Mühle genau SO in Erinnerung behalten – mit dem ganzen Spaß, den wir zusammen erlebt haben.
Ein Wiedersehen nach über 28 Jahren
Mit dem Alter kam dann auch die Verantwortung – sowohl als Geschäftsführer im eigenen Betrieb als auch als Vater in der eigenen Familie. Ich habe gespürt, dass das Motorradfahren nicht mehr wirklich gut für mich war – zu exzessiv. Also habe ich mein damaliges Motorrad verkauft und bin 28 Jahre lang keines mehr gefahren, bis auf ein altes Gespann mit Beiwagen, aber das zählt für mich nicht wirklich dazu. Auch meine Kumpels, mit denen ich früher viele Touren unternommen habe, sind mit der Zeit älter und umsichtiger geworden. Doch eines Tages haben sie eine alte Yamaha XS 650 in einem Schuppen aufgegabelt und festgestellt, dass das genau meine Maschine von früher war. Es stand zum Verkauf und ich sollte es wieder flottmachen, so wie ich es früher immer getan habe. Aber mir fehlte die Zeit und Muse, sodass meine Kumpels es selbst gekauft und aufgemöbelt haben. Erstmal mussten sie es wieder zum Laufen kriegen, dann haben sie alle überflüssigen Teile abgebaut, die nicht zwingend zum Fahren gebraucht wurden. So wurde aus der eisernen Lady ein richtiges Naked Bike. Allerdings sind meine Kumpels im Gegensatz zu mir auch alle um die zwei Meter groß, da wirkte das verschlankte Motorrad fast schon wie ein Mofa. Die Yamaha passte einfach nicht zu ihnen, also habe ich es ihnen im Jahr 2018 doch wieder abgekauft – inzwischen schon zum dritten Mal.
„Vor einer Tour musste ich für eine Unterschrift in voller Montur nochmal in den Betrieb, da haben einige schon überrascht geguckt.“
Trotz neuem Gewand ist es MEINE Yamaha
Auch nach so vielen Jahren macht mir das Motorrad immer noch großen Spaß. Aber es war schon ein komisches Gefühl, wieder auf so eine Maschine zu steigen. Bei der ersten Fahrt habe ich gleich einen Spiegel verloren und der erste Gang fliegt bei Vollgas immer noch raus. Da wusste ich genau: Das muss meine Yamaha sein! Allerdings hat sich meine Fahrweise während dieser Zeit deutlich verändert. Ich fahre nicht mehr mit Zeitdruck, sondern nehme mir die Zeit dafür. Der Straßenverkehr ist in den vergangenen Jahren dichter geworden, gerade als Motorradfahrer muss ich vorausschauender fahren. Maximal 120 km/h, schneller bin ich nicht unterwegs. Und ich überlege mir dreimal, ob ich wirklich überholen muss. Auch mit meinen Kumpels mache ich wieder Touren – ganz gemütlich und vernünftig. Hier muss niemand mehr etwas beweisen. Aber das waren mir die drei Käufe auf jeden Fall wert, auch wenn ich für den letzten Kauf am meisten Geld auf den Tisch gelegt habe. Aber dafür steht das Naked Bike ja schon fertig in meiner Garage und ich muss nicht mehr selbst dran rumschrauben. Werde ich auch nicht, das bleibt jetzt genau so wie es ist.